Detroit

Meine diesjährige Plane Spotting Tour hat mich nach Detroit (Delta Hub) und Chicago geführt. Zwei große Städte, denen ich im folgenden auch getrennte Berichte widmen will. Den Anfang macht Detroit.

Was könnte man nicht alles über Detroit schreiben – oder wie der Satz richtig lauten sollte – was man alles nicht über Detroit schreiben kann.

Detroit ist nicht gerade eine Attraktion unter den US amerikanischen Städten. Detroit hat leider nicht den Flair, wie z.B. das nahegelegene Chicago. Detroit ist leider nicht „die“ blühende Stadt. Nirgendwo bin ich so schnell auf verfallende Stadtteile gestoßen wie hier. Der Zustand der Straßen ist teilweise sogar noch baufälliger als der, der Straßen in Panama. Der Ausblick von der Uferpromenade, nach eigener Aussage eine der zehn schönsten Promenaden in den USA, rüber nach Kanada ist voll deprimierender Eintönigkeit. Gut, da kann jetzt Detroit nichts dafür, passt aber leider ins Gesamtbild. Nach Detroit kann man gut reisen, wenn man seine Depressionen pflegen will – aber sonst?

Nun gut, ich möchte auf dieser Seite und mit meinem Bericht über Street Art versuchen die schönen Aspekte der Stadt hervorzuheben. Mal schauen, ob das gelingt.

Irgendwie ist dieses Jahr Auf meinen Reisen der Wurm drin. Im April ist bereits meine Reise mit der Queen Mary 2 aus technischen Gründen abgesagt worden, worüber ich immer noch traurig bin. Und auch dieser Trip fing gar nicht so gut an.

Ich hatte einen Direktflug von München nach Detroit mit Delta Airlines gebucht. Der Pilot empfing uns an Bord mit den Worten „Welcome on board Delta Airlines flight DL23 with direct service to (kurze Pause) Boston!”. Nein, kein Versprecher, nicht verhört. Der Flieger war defekt. Es lag wohl an einer der internen Kraftstoffpumpen, die einen Defekt hatte. Damit konnte nicht die komplette Tankkapazität genutzt werden, um Detroit mit den obligatorischen Sicherheitsreserven zu erreichen. Ohne Sicherheitsreserve hätte es vermutlich gepasst. Boston allerdings lag in Reichweite, und so lautete dann der Plan nach Boston zu fliegen, nachzutanken, und weiter nach Detroit. In Boston sollte dann zusätzlich noch der Pilot und Kopilot ausgetauscht werden, weil die sonst die erlaubte Arbeitszeit überschritten hätten. Zumindest konnten die Passagiere beim Zwischenstopp sitzen bleiben. Und dann kam noch eine Ansage, die ich so im Flieger auch noch nicht gehört hatte. Der Pilot meinte, er hätte selber eine Frau und Kinder und wir (die Passagiere) könnten uns darauf verlassen, dass er nicht dummes anstellen würde. Chapeau für soviel Ehrlichkeit, auch wenn ich dann sofort an den Germanwings Flug 9525 denken musste. Ich hoffe der Pilot hat anschließend für seine Worte keinen Ärger bekommen.

Also gesagt, getan. Knapp 8 Stunden später waren wir in Boston 😊. Dort wurde der Flieger am Rande des Vorfeldes abgestellt um nachzutanken. Und ich glaube, dann hat die Cockpit Crew einen kleinen Fehler gemacht. Die Triebwerke wurden abgeschaltet ohne die APU vorher zu starten. Plötzlich standen wir nur noch mit Notstrombeleuchtung da. Die Klimaanlage lief nicht mehr und die Toiletten funktionieren ohne Strom ebenfalls nicht. Jetzt musste erstmal ein externer Generator besorgt werden, da wir ja nicht am Gate standen. Es wurde doch recht warm im Flieger. Alles in allem lief dann doch alles ganz gut ab und nach ca. einer Stunde am Boden hoben wir in Richtung Detroit wieder ab, wo ich dann mit einer Gesamtverspätung von 2:45 Stunden ankam. Mir war das egal, aber die meisten Passagiere nutzen Detroit als Umsteigestation zu anderen Orten. Die hatten nun Probleme, auch wenn der Pilot beim Ausstieg diese Leute bevorzugte. Alle Passagiere mit Ziel Detroit sollten sitzen bleiben und zuletzt aussteigen.

Mein nächstes Ziel war die Alamo Mietwagenstation. Dort hatte ich mir extra ein Original aus Detroit reserviert – einen Ford F150. Einmal im Leben wollte ich so einen Truck fahren. Und bei Alamo hat er auf mich gewartet. Ein 2023 Ford F150 XLT Super Crew in Avalanche White mit 10 Gang Automatik, Allradantrieb und 5 Liter V8 mit 400 PS und Android Auto (wireless) inklusive.

5 Liter V8

2023 Ford F150 XLT Super Crew

Ein Traumschiff 😉, denn von Auto kann man ja nicht mehr reden. Super komfortabel und sehr relaxed zu fahren. Man schwebt quasi über den Dingen. Kraft ohne Ende mit mehreren 2 Rad und 4 Rad Fahrmodi. Mein Android Handy hat sich sofort mit dem „Dicken“ verstanden und mich immer sicher auf dem tablettgroßen Display navigiert. Wer sagt es denn – in Detroit werden doch noch tolle Produkte gebaut. Meiner kam direkt aus dem Werk Dearborn. So stand es auf einem Aufkleber, der Stolz auf der Frontscheibe prangte.

Bei der Street Art Fotografie kam mir die Größe des „Dicken“ sehr gelegen. Er half mir eine bessere Perspektive zu erreichen oder über Hindernisse hinweg zu fotografieren.

Auf dem Bild hatte ich übrigens zuvor die Schuhe ausgezogen, um auf dem Dach keine Kratzer zu hinterlassen. Gut zu wissen: Alamo hat bei der Rückgabe des Wagen später auch das Dach auf Schäden inspiziert.

Nach den ersten Meilen war mir schnell klar, warum man so ein Auto in Detroit benötigt. Die Straßen sind in einem beklagenswerten Zustand. Streckenweise voller Schlaglöcher. Gut, es gibt harte Winter in der Region, die einige Schäden hinterlassen. Ich habe aber auch wenig Baustellen und Bemühungen gesehen, die Schäden nachhaltig zu reparieren.

Plane Spotting ist nur bedingt spaßig in Detroit. Das liegt zum großen Teil daran, dass Delta Airlines hier einen Hub hat. Die Varianz ist sehr gering. Detroit spielt bei anderen Airlines international wohl keine große Rolle. Das war mir allerdings auch schon vorher bekannt, weswegen ich ja noch Chicago in diesen Plane Spotting kombiniert habe. Die Spots in Detroit sind ganz in Ordnung aber das Wetter war vom Licht her nicht so klasse. Oftmals Bewölkung ohne Sonnenlicht. Ganz schnell musste ein Plan B für meine 2 ½ Tage Detroit her. Neben einem Standrundgang ist dabei die Street Art Serie entstanden.

Hatte ich anfangs den Plan das Ford Werk zu besuchen, habe ich nach einigen Berichten im Internet schnell Abstand davon genommen. Die Besichtigung der Fertigung soll sich wohl nur auf einen kleinen Teil des Werks beschränken. Da ich ja die BMW Fertigung im Stammwerk München schon mehrfach besucht habe, die sich übrigens wirklich lohnt, habe ich mir das Ford Werk gespart. Ich bin direkt in die Innenstadt gefahren. Erste Überraschung – ich konnte hier kostenlos (!) meinen Wagen beim Detroit Riverwalk Park parken. Zum Vergleich: In Chicago kostet die Stunde 15 USD.

Von hier aus kann man sehr gut die Stadt zu Fuß erkunden. Leider wurden hier gerade die Tribünen für das Indy 500 auf dem Detroit Stadtkurs am 4.6.2023 aufgebaut. Einige Bereiche des Riverwalks waren deshalb abgesperrt. Sonst ist der Riverwalk bestimmt noch schöner.

Der Detroit River bildet die Grenze zwischen den USA und Kanada. Ein Blick auf die Trostlosigkeit der anderen Seite mit dem Kasino hat bei mir sehr schnell den Entschluss aufkommen lassen, nicht nach Kanada zu fahren. Stattdessen habe ich die General Motors (GM) Zentrale im Renaissance Center direkt am Fluss besucht. Ein interessantes Gebäude dessen innen in Beton gegossene Brutalismusarchitektur viele Motive für kreative Fotografie bietet. Ein Besuch lohnt sich auf jeden Fall. Irritiert war ich allerdings, dass es ganz offensichtlich Podeste zur Präsentation von GM Fahrzeugen gab, die allesamt leer waren. Ich fand es etwas trostlos, die verlassenen Präsentrationsflächen mit den Ladekabeln zu sehen. Auch sonst gab es keinerlei GM Markenwerbung oder Ausstellung. Auch das kenne ich von BMW in München ganz anders. In einer der Automobilindustrie historisch verpflichteten Stadt hätte ich mehr Präsenz durch GM erwartet. Selbst der GM Store war recht einfach gehalten. Hatte man die Exponate entfernt aufgrund der nahenden Indy Car Veranstaltung, oder war dies bereits ein Ausdruck des automobilen Rückzugs?

Das One Woodward Building

Wer hier glaubt, gewisse Ähnlichkeiten zum ehemaligen World Trade Center in New York zu erkennen, liegt völlig richtig. Beide Gebäude wurden vom gleichen Architekten, Minoru Yamaskasi, geplant. Interessanter Weise war das One Woordward Building, sein erstes entworfenes Hochhaus, welches 1963 fertiggestellt wurde. Gewissermaßen die Blaupause für das World Trade Center. Zum Vergleich: Das World Trade Center wurde 1962 beauftrag und von 1968 bis 1971 errichtet.

Side fact – Minoru Yamaskasi soll unter Höhenangst gelitten haben. Kaum zu glauben bei diesen grandiosen Entwürfen.

Michigan Central Station

Das ehemalige Bahnhofsgebäude wurde in der Zeit von 1910 bis 1913 gebaut und war zur Bauzeit das höchste Gebäude der Welt. Der Bahnhof wurde aus Stadtentwicklungsgründen bewusst abseits des Stadtzentrums gebaut. Auch spielte das Auto zur damaligen Zeit noch keine Rolle. Es war die goldene Ära der Personenzüge in den USA. Aber bereits mit der Verbreitung des PKW nach dem 2. Weltkrieg und erst recht mit der Etablierung des Flugzeuges als Reiseverkehrsmittel wurde der Personenzugverkehr immer unattraktiver. Der Bahnhof wurde schlussendlich am 6.1.1988 mit dem Verlassen eines letzten Zuges nach Chicago, geschlossen. Der Bahnhof verfiel zusehends und mehrere Rettungsversuche scheiterten, bis im Juni 2018 die Ford Motor Company das Gebäude kaufte. Seitdem wird es saniert und soll Ford als Business Campus dienen. Ich konnte während meines Besuchs nicht dichter an das Gebäude herankommen, da die Bauarbeiten noch andauerten. Gleise liegen hier übrigens schon lange nicht mehr.

Vom Plane Spotting zum Train Spotting. Ich muss sagen, diese schweren amerikanischen Diesellokomotiven haben was. Sehen cool aus und klingen verdammt gut. Der Vorteil beim Train Spotting ist, dass die Motivstandorte meistens sehr gut zu erreichen sind. Keine Zäune, kein Sicherheitsbereich. Der Nachteil ist sicherlich, dass ich aktuell keine App kenne, die mir das Auffinden der Züge zu bestimmten Zeiten erleichtert. Es ist also immer ein wenig Glückssache. Auch muss man länger auf ein Motiv warten, da Züge nun mal langsam fahren. Güterzüge in den USA erst recht. Personenzüge spielen dort sowieso eine eher untergeordnete Rolle. Im Vergleich zum Plane Spotting wird man beim Train Spotting total entschleunigt. Die beste Gelegenheit, möglichst viele Zuggespanne zu sehen, ist wahrscheinlich an den Zu- und Ausfahrten der großen Rangierbahnhöfe. Die sind über Google Maps zum Beispiel sehr gut zu finden, inkl. der Standorte für die Fotos vom Straßenrand. In den USA gibt es fast überall Streetview, was die ganze Sache erheblich erleichtert.

Bereits beim Abendessen am ersten Abend überraschte mich ein Anruf meiner Schwester, dass Sie mir in der kommenden Woche Gesellschaft leisten könne. Also zumindest Abends, denn tagsüber müsse sie ja noch arbeiten. Aber, in diesen modernen Zeiten kann man ja auch aus dem Hotelzimmer Mobilarbeit machen. Sie flog dann am bereits Samstag aus Phoenix nach Detroit und so sind wir dann gemeinsam am Sonntag nach Chicago gefahren. Zuvor haben wir aber am Samstag noch zusammen einen Detroit Spaziergang gemacht und sind abends in einem ganz netten kubanischen Restaurant gelandet. Zum Abschluss daher hier noch ein paar Impressionen aus Detroit, bevor der nächste Bericht über Chicago folgt.