Transalp mit dem Heißluftballon

Eine Überquerung der Alpen mit einem Heißluftballon ist definitiv ein „Once in a lifetime“ Erlebnis. Der folgende Reisebericht zeigt Bilder der grandiosen Aussichten auf die Berge aus ungewohnter Perspektive, gibt aber auch Einblicke in die Komplexität einer solchen Reise.

Die Anfrage zur Teilnahme an der Alpenüberquerung am 28.01.2024, kam relativ spontan am 26.01., gegen Mittag. Ich konnte einen Platz im Nachrückverfahren bekommen, den ich natürlich sehr gerne angenommen habe. Für das Wochenende war eine Hochdrucklage mit konstantem Wind aus Nord/Nordost angesagt, der sich als Nordföhn im italienischen Norden bemerkbar macht.

Der Nordföhn kommt zustande, wenn sich hinter einer Ost-Südost ziehenden Kaltfront langsam ein Hochdruckgebiet bis zu den Alpen hin ausdehnt. Hier ist es die kalte Polarluft, die sich im Lee der Alpen durch Absinken allmählich erwärmt. Speziell im Winter ist der Nordwind in den Tälern aber noch oft kühl und fühlt sich eher wie eine unangenehme „Brise“ an. Das Ende des Nordföhns ist meist unspektakulär. Der Wind wird schwächer, ein Wetterumschwung bleibt aber aus. Besagte Kaltfront war just in der Woche zuvor am 26.01.2024 durchgezogen und hat dem Hoch „Frank“ Platz gemacht. Mit solch oberflächlichen Vorhersagen geben sich die Piloten natürlich nicht zufrieden. Hier wird für die Flugvorbereitung auf Profiwetterkarten vom Deutschen Wetterdienst und Windy zurückgegriffen. Zur Flugvorbereitung gehört aber auch das Einreichen eines Flugplanes bei der Deutschen Flugsicherung, da die Fahrt bis in eine Höhe von knapp 6000 m führen kann, und damit im kontrollierten VFR Luftraum erfolgt. Damit ist ein Flugplan und die Teilnahme am Funkverkehr mit den kontrollierenden Bodenstationen Innsbruck und Padova obligatorisch. Spätestens jetzt wird deutlich, dass eine Alpenüberquerung mit dem Ballon nochmals mehr Erfahrung benötigt, als ein Flug im Alpenvorland in wesentlich geringeren Höhen. Unser hervorragender und sehr sympathischer Pilot Andi Götschl, ist bereits seit 10 Jahren Ballonfahrer. Mit der Zusatzqualifizierung BZF1 (englisches Flugfunkzeugnis) und der Lizenz für die Ballongrößenklasse C hat Andi alle Qualifikationen für die Alpenüberquerung erlangt. Alleine für die Lizenz der Klasse C benötigt man mindestens 200 Stunden Erfahrung als „Pilot in Charge“. Heute kann er auf mehr als 2 Dutzend Transalpfahrten zurückblicken. Und das merkt man seiner ruhigen und besonnenen Art auch an.

Da für den Sonntag nachlassende Winde angesagt waren, mussten wir uns relativ früh auf den Weg machen. Treffpunkt war um 05:00 Uhr am Stadion in Rottach-Egern, südlich vom Tegernsee. Leider führte das dazu, dass ich dann bereits um 3 Uhr aufstehen musste um zum Tegernsee zu fahren. Um es kurz zu machen – der einzige Punkt der ganzen Reise, der mir keinen Spaß gemacht hat 😉

Der eigentliche Startpunkt lag aufgrund der Anpassung der Flugroute an die Windrichtung, bei Wörgl in Österreich. Wir hatten eine fast exakt nord-südliche Windrichtung. Wir sind dann alle zusammen, 8 Passagiere und der Pilot, mit dem Kleinbus und dem Ballon im Anhänger nach Weiler Haus bei Wörgl gefahren. Der Startplatz lag gleich hinter der Hausnummer 10, Weiler Haus, erreichbar über den kleinen Weg „Einöden“, den wir noch vor Sonnenaufgang erreichten. Die Alpenüberquerung erfolgte zusammen in einer Gruppe mit zwei weiteren Ballonen, die wir am Startplatz getroffen haben. Insgesamt am Start waren also:

Das hatte den Vorteil, dass wir nur einen ADS-B Transceiver benötigten und der Sprechfunk der Luftverkehrskontrolle nur mit einem Ballon erfolgen musste. Selbstverständlich bestand auch innerhalb der Gruppe der 3 Ballone eine Sprechfunkverbindung. Mit dem ADS-B Transceiver waren wir dann auch über Flightradar 24 zu sehen.

Nachdem ein kleiner Testballon zur Bestimmung der Windverhältnisse im Tal gestartet war, ging dann alles Weitere recht zügig:

  • Ballonkorb aus dem Anhänger ausladen
  • Gebläse bereitstellen
  • Ballonhülle ausladen und ausbreiten
  • Ballon mit kalter Luft anblasen
  • und nachdem die Hülle Form angenommen hatte, mit dem Brenner die Luft im Ballon erhitzen

Zur Info: Die Spitze der Ballonhülle kann im Flug eine Temperatur von über 100 Grad Celsius erreichen, abhängig von der Außentemperatur, dem Gewicht und der Sonneneinstrahlung auf die Hülle. Letztere spielt keine unerhebliche Rolle, da die Luft in der Hülle nicht so schnell abkühlt.

Und dann hieß es auch schon einsteigen und Leinen los. Soweit, so unspektakulär. Wir sind genau zum Sonnenaufgang gestartet. Die ruhige und professionelle Art des Piloten und der Starthelfer hat bei mir auf jeden Fall geholfen, jegliche Nervosität gleich im Keim zu ersticken.

Wie es der kleine Wetterballon schon angezeigt hatte, führte uns der Weg beim Aufstieg erst ein wenig in Richtung Nordwesten aus dem Tal heraus Richtung Inn, bevor uns dann ab ca. 3000 Metern die Höhenwinde erfassten und uns stetig in Richtung Süden trugen. Ich habe meine Garmin Fenix als Tracker eingesetzt, um den Weg nach Italien aufzuzeichnen und später auszuwerten. Mit zunehmender Höhe und dem aufkommenden Tageslicht wurden die schneebedeckten Berge immer besser sichtbar und in der Ferne war im Süden bereits der Alpenhauptkamm auszumachen.

Höhepunkte der Reise

  • Königsleiten
  • Reichenspitze (3303 m)
  • Passage des Großvenediger westlich
  • Zillerplattenspitze (3148 m)
  • Raukofel / Monte Fumo (3251 m)
  • Gabelspitze (3071 m)
  • Patscher Spitze (3082m )
  • Barmer Spitze (3200 m)
  • Biathlon Stadion Antholz
  • Rote Wand (2704 m)
  • Passage der „Drei Zinnen“ westlich
  • Monte Cristallo (3221 m)
  • Cortina d’Ampezzo
  • Monte Pelmo (3168 m)
  • Pianaz
  • Passage des Monte Talvena (2542 m) westlich
  • Sedico (317 m) in der Provinz Belluno (Italien)

Landeplatz

  • Ecke Via Mirapiave / Via Triva, Sedico, Italien

Die Fahrt selber war richtig klasse. Mit warmer Skikleidung und einer Mütze war es überhaupt nicht kalt. Ich brauchte nicht mal Handschuhe, so dass ich auch sehr gut fotografieren konnte. Sonnencreme mit Lichtschutzfaktor 20 war vollkommen ausreichend, keinen Sonnenbrand im Gesicht zu bekommen. Ab einer Höhe von 3000 m musste allerdings ein kleiner Nasenschlauch angelegt werden, worüber zusätzlich Sauerstoff bereitgestellt wurde. Somit habe ich die „dünne“ Luft gar nicht bemerkt. Es war eine total entspannte Fahrt und ich konnte die Aussicht aus dem Korb in aller Ruhe genießen. Dass ich dabei über 5 Stunden stehen musste, inkl. Start und Landung, habe ich anfangs gar nicht bemerkt. Erst ab dem frühen Abend auf der Fahrt ins Hotel in Trient, machte sich bei mir dann die Erschöpfung und das frühe Aufstehen bemerkbar.

Daten und Fakten

Streckenlänge202 km
Fahrzeit4:45 Stunden
Durchschnittsgeschwindigkeit42,8 km/h
Maximale Geschwindigkeit68,8 km/h
Maximale Geschwindigkeit in Bewegung54,5 km/h
Maximale Höhe5827 m
Höhe Startort560 m
Höhe Zielort317 m
Anstieg insgesamtca. 9000 m
Gasverbrauchca. 310 kg Flüssiggas

Diagramme

Die ersten fünf Minuten nach dem Start fehlen leider in den Diagrammen, weil ich, aufgrund meiner Aufregung, fast vergessen hätte den Tracker in meiner Fenix 7 zu starten.

Quelle: Alle Daten Garmin Fenix 7S Solar

Der Anflug auf Sedico

Ab dem Monte Celo sind wir langsam in den Abstieg nach Sedico übergegangen. Jetzt konnte der Sauerstoffschlauch abgenommen werden. Allerdings verloren wir beim Abstieg auch deutlich an Geschwindigkeit und im Tal hatten wir dann fast gar keinen Wind mehr. Lange drifteten wir über Fabrikhallen und einer Umspannstation. Eine Landung war somit nicht möglich. Durch Variation der Höhe versuchte Andi ein wenig Wind zu erwischen, der uns zu einem Landplatz hätte steuern können. Zeitweilig sah es dann so aus, als könnten wir neben dem österreichischen Team landen, die neben einem Sportplatz eine ideale Landestelle gefunden hatten. Doch dann drehte der wenige Wind wieder, und wir mussten weiterhin Ausschau nach einer geeigneten Stelle halten. So haben wir ca. 40 Minuten gebraucht, bis wir endlich südöstlich von Sedico, auf einem Feld aufsetzen konnten.

Kaum am Boden wurden wir auch schon von einigen Italienern erwartet und freundlich begrüßt. Mit Ihnen konnten wir uns zumindest via Google Translate ein wenig austauschen. Denn wir konnten leider alle kein Italienisch und die Italiener konnten weder Deutsch noch Englisch. Nach der Landung wurden alle Ballonfahrer traditionsgemäß in den Adelsstand erhoben. Den Sekt haben wir allerdings lieber getrunken und nicht zur Taufe verwendet. Mit dem Namen „Baron Christian, furchtlos in die südtiroler Lüfte gestiegener Brennerfürst“ habe ich jetzt bereits meinen dritten „Adelstitel“ erhalten😉. Die anderen beiden sind:

Luftprinz Christian von den Fischteichen über Brücker Heide zum Dachsbruch

– erlangt am 6. Juni 2007 bei einer Ballonfahrt am Niederrhein mit Start in Alpen

Lord of Roscommon

– Titel als irischer Landlord, erlangt am 21.04.2012 durch den Erwerb von Landbesitz in Irland

Ein sehr begeisterter italienischer Landsmann konnte es sich dann auch nicht nehmen lassen, mit seinem Auto los zu flitzen und uns mit sehr leckerer Pizza, direkt am Landeplatz zu versorgen. Das hat die Zeit bis zum Eintreffen der Verfolgerwagen mit dem Anhänger sehr angenehm gestaltet. Allerdings war die Wartezeit auch nicht besonders lang, denn nach ca. 20 Minuten waren die beiden Begleitautos bereits bei uns, und der Ballon konnte verladen werden. Ich fand es im Nachhinein schon etwas schade, die wir uns mit den Italienern nicht besser unterhalten konnten. Das wäre bestimmt noch für die eine oder andere Anekdote gut gewesen.

Fun fact – Am Boden war unser Ballon so schwer, dass es eines weiteren Autos bedurfte, das Gespann aus dem weichen Acker zu ziehen. Man konnte es bei der Landung nicht erkennen, aber der Boden war sehr weich und „batzig“.

Damit ist die schöne Alpenüberquerung leider viel zu schnell zu einem Ende gekommen. Ich glaube, ich hätte noch lange weiterfahren können, vielleicht bis Venedig. Ernst hinterher habe ich erfahren, dass wir nur noch ca. 50 kg Gas an Bord hatten. Damit wäre die Strecke nach Venedig wahrscheinlich nicht mehr zu schaffen gewesen. Zumal die Geschwindigkeit über Grund mit ca. 60 km/h jetzt auch nicht besonders schnell war. Allerdings muss erwähnt werden, dass meine Reise damit noch nicht zu Ende war. Zum Programm gehörte jetzt noch die Einkehr in eine Pizzeria mit Essen und Trinken, bevor es dann gestärkt in das erstklassige Hotel „Villa Madruzzo“ ins ca. 85 km entfernte Trient weiterging. Die Rückfahrt zum Tegernsee war aufgrund der fortgeschrittenen Tageszeit erst für den nächsten Tag geplant, und so konnten wir den Abend noch gemütlich bei einem Bier ausklingen lassen.