Namasté India – Mandawa

In den letzten 1 ½ Tagen standen eine Besichtigung in Mandawa, und leider die Rückkehr zum Flughafen an.

Der Besuch und die Fahrt nach Mandawa waren insofern jedoch etwas ganz Besonderes, denn, anstatt eine Attraktion zu besuchen, konnten wir diesmal sogar direkt darin übernachten 😊 Aber der Reihe nach.

Havelis

Der Norden Rajasthans ist unter anderem der Ort, wo man noch viele, sogenannte Havelis, finden kann. Der Begriff Haveli stamm aus dem arabischen Kulturraum und ist abgeleitet vom persischen Wort „hawli“, was so viel bedeutet wie „umbauter Platz“. In der Tat handelt es sich bei den Havelis also um große Gebäude mit einem Innenhof. So weit, so bekannt zum Beispiel auch deutschen Städten. Was macht ein Haveli also so besonders, dass diese sogar zu einem kulturhistorischen Wahrzeichen machen?

Havelis stammen aus der „sehr“ späten Zeit der Seidenstraße. Gebaut in der Zeit von 1830 bis ca. 1930, findet man sie also vorwiegend an den verschiedenen Routen der wichtigsten Handelsstraße zwischen dem Mittelmeerraum, dem Osmanischen Reich, Indien und China. Sie wurden in der Regel von den wohlhabenden muslimischen Fernhändlern gebaut und bewohnt. Mit der zunehmenden Bedeutung der Handelsschifffahrt verlor die Seidenstraße an Bedeutung und der Handel und Transport entlang der Seidenstraße ging signifikant zurück. Mehr und mehr Handelskompanien setzten zunehmend auf Schiffe anstatt auf Karawanen, da Schiffe mehr Geschwindigkeit bei gestiegenem Frachtraum versprachen. Die Städte entlang der ehemaligen Seidenstraße verloren an Bedeutung und Geld, und mit ihnen die Havelis. Das erklärt auch den beklagenswerten Zustand so manches Havelis, wie noch zu sehen sein wird.

Die Architektur eines Havelis folgt immer dem gleichen, wirtschaftlichen aber auch repräsentativen Ansatz. Im Erdgeschoss befanden sich die Lagerräume für die Handelswaren. Die Etagen darüber beherbergten die Wohnräume der Händler. Die Wohnräume waren von außen nicht zu erreichen, der Zugang erfolgte immer durch recht schmale Treppenaufgänge vom Innenhof aus. Ihren Reichtum drückten die Händler durch die kunstvolle Verzierung der Fassaden des Havelis aus, und zwar sowohl im Außenbereich als auch im Innenbereich, um den Innenhof herum. Aufwändig gestaltete Balkone, detaillierte Fenstergitter und Türrahmen sowie eine kunstvolle Bemalung zeugten von dem Reichtum der Händler.

Die meisten und prachtvollsten Havelis sind heute noch im Bundesstaat Rajasthan in den Orten Jaisalmer, Jhunjhunu, Mandawa und Nawalgarh zu finden. Und exakt nach Nawalgarh fürhte uns unsere Reise zuerst.

Nawalgarh

In Nawalgarh wurden wir direkt in einem Haveli untergebracht, welches als prachtvolles Hotel restauriert wurde. Leider ist es wohl so, dass die Restauration und der Unterhalt eines Havelis viel Kapital erfordert, weshalb heutzutage einige Havelis Ihre imposante, zweite Renaissance als Hotel erleben, während andere Havelis der indischen Bevölkerung als Unterkunft dienen. Gerade auf dem Lande ist hier, verständlicher Weise, dann nicht das Geld zum Erhalt der Havelis vorhanden.

Fun fact: Uns wurde sogar ein Haveli in Mandawa zum Kauf angeboten 😉 Keine Ahnung wie ernst das gemeint war, aber es wurde zumindest mal ein Kaufpreis genannt.

Später am Abend, bei Dunkelheit kamen wir in Nawalgarh an, und ich war sofort von dem Haveli Hotel begeistert. Also, schnell das Zimmer bezogen und dann ab auf Fotosafari. Bis auf die Hotelzimmer, durfte das Hotel in allen Einzelheiten besichtigt werden. Alle Balkone, die engen Treppenhäuser, die Dachterrassen und die vielen Innenhöfe wollten erforscht werden. Dabei sind die beeindruckenden Fotos für diesen Reisebericht entstanden.

Unverständlicher Weise hatte just an diesem (letzten) Abend die Reiseleitung zu einem abschließenden Beisammensein eingeladen. Und man ahnt es nicht – die Einladung bestand in einer Busparty.

Whisky – Tango – Foxtrott

Ausgerechnet in diesem unbequemen Bus, in dem wir, auch aufgrund der Navigationsresistent der Besatzung, schon 4 Stunden Fahrzeit verbracht hatten. Nur mal zum Einordnen: Wenn man in einer der vorderen Reihen des Busses sitzt, kann man die anderen Reiseteilnehmer nicht mal sehen – tolle Party. Das Versprechen war, es sollte nicht länger als 30 Minuten dauern. Als dann die Ansage kam, es gibt zwei Flaschen indischen Rums zu leeren und die Party ist erst danach vorbei, schwante mir schon übles. Nach einigen langen Reden, inzwischen waren bereits 40 Minuten (!) vergangen, hat Walter, ein sehr sympathischer Reiseteilnehmer, ein selbstgedichtetes Lied vorgetragen. Ich war schwer beeindruckt, denn Walter konnte neben seiner Komposition auch noch sehr gut singen. Klasse.

Damit hätte besagte Party würdevoll vorbei sein können, nur leider entfaltete jetzt anscheinend der Rum seine Wirkung und die Reiseleitung begann bayerisches Liedgut anzustimmen, wo jeder nach Belieben mitgrölen, sorry – mitsingen, durfte. Nicht nur, dass mir jegliche Kenntnis des bayerischen Kultur-/Liederguts fehlte, auch mit meinem Verständnis war es nun endgültig vorbei, und ich musste fluchtartig den Bus verlassen. War von außen schon ein komisches Bild:

Da sitzen 24 Personen vor dem schönsten Hotel in der Gegend in einem quietsch orangenen Bus und singen bayerische Lieder – ja man konnte es draußen hören – eine Erfahrung ohne gleichen 😊

Ok, die hatten Ihren Spaß und ich hatte meine Foto Session und, by the way, einen knurrenden Magen, denn Abendessen war erst nach der Bus Session angesagt.

Das „Grand Haveli“ besteht aus zwei Teilen. Einem Haveli und einem separaten U-förmig gebauten Hotelteil mit einem großen. Pool. Hier waren wir untergebracht, während das Restaurant im Haveli selbst zu finden ist. Beide Teile wurden durch eine Straße getrennt. Die ganze Anlage ist wirklich große klasse und sehr gediegen. Alles passt perfekt zusammen und das Abendessen war lecker. Jeder der dort in Gegend ist, sollte mal mindestens eine Nacht dort verbringen. Das Luftbild bei Google oder Bing Maps offenbart übrigens, dass es südlich von unserem Hotel noch viele weitere Havelis gegeben hat. Leider hat uns die knappe Reisezeit nicht genug Zeit gelassen, noch mehr von Nawalgarh zu erkunden.

Am nächsten Tag ging es dann weiter nach Mandawa.

Mandawa

Der Bus hat uns in Mandawa direkt bis zum Hindutempel „Saini Mandir“ gefahren. Bei Google mit 4,7 Sternen bewertet (15.01.2024), haben wir dieses Bauwerk leider eingezäunt, völlig verdreckt und zugemüllt vorgefunden. Den Zaun haben wir überwunden, aber aufgeräumt haben wir dann doch nicht. An diesem Beispiel möchte ich einmal darauf hinweisen, dass im Allgemeinen sehr viel Müll auf und an den Straßen lag. Anscheinend herrscht in Indien kein oder nur ein sehr geringes Bewusstsein für den Umweltschutz. Schade. Kaum waren wir am Tempel erschienen, tauchten auch sofort wieder die unvermeidlichen, nervigen Ramschverkäufer auf. Zwei nette Herren unserer Gruppe versuchten denen noch zu erklären, dass sie hier besser mal den Müll aufräumen sollten, dann hätten sie auch mal was Sinnvolles geleistet. Wenn die Sauberkeit und der Zustand der Besuchsstätten sich vom Zustand „Müllhalde“ zu „Ansehnlich“ verbessern würden, würden bestimmt noch mehr Touristen kommen, was für das Geschäft der Trödler sicher besser wäre. Aber soweit wollte man vor Ort nicht denken, oder war sich zur Reinhaltung der eigenen Städte zu schade. Sei’s drum, mit den Mitgliedern unserer Gruppe war diesmal kein Geschäft zu machen.

Anschließend ging es die Mandawa Road in östliche Richtung zu Fuß weiter bis wir das „Seth Dayaram Dedraj Goenka Haveli“, welches wir ausgiebig von Innen besichtigen konnten.

Unbekanntes Haveli
Eingang zum „Seth Dayaram Dedraj Goenka Haveli“

Unser Weg führte uns als nächstes zum Doppel-Haveli „Vishwanath” und „Tarkeshwar Goenka”, gleich um die Ecke, und während das „Seth Dayaram Dedraj Goenka Haveli“ zumindest noch teilweise bewohnt wurde, kamen wir nun quasi zu einem „Lost Place”.

Sowohl das Doppel-Haveli „Vishwanath” und „Tarkeshwar Goenka” als auch das „Seth Dayaram Dedraj Goenka Haveli“ gehören der wohlhabenden Familie Goenka. Allerdings frage ich mich schon, wenn die Familie so gut situiert ist, warum dann diese großartigen Bauten so verfallen. Das Doppelhaveli besteht aus dem südlichen Flügel „Vishwanath Haveli” und dem nördlichen Teil, „Tarkeshwar Goenka Haveli”, welches wir vorsichtig betreten durften. Dort sind auch diese stimmungsvollen Bilder entstanden.

Anschließend dann wieder Kontrastprogramm. Ein kleiner Fußmarsch führte uns zum Hotel „The Legacy Mandawa by The Machan”, historisch das Haveli of the Harlalkas . Ja, man ahnt es kaum, ein weiteres zum Hotel umgebautes und damit vor dem Verfall gerettetes Haveli. Ich fand dieses Hotel allerdings nicht ganz so schön wie das „Grand Haveli“ in Nawalgarh. Es ließ die vielen Fassadenmalereien vermissen.

Der aufmerksame Leser dieser fünf Teile meiner Indien Reise wird festgestellt haben, dass ich besonders bei den Havelis ins Schwärmen gekommen bin. Ich möchte jedoch auch festhalten, dass alle hier beschriebenen Eindrücke aufgrund einer Besuchsdauer von nur einem Tag entstanden sind. Die Beschreibung bildet also lediglich einen sehr kleinen Teil der Kultur von Mandawa ab. Ich empfehle deswegen unbedingt, selber einen Besuch dort zu planen und in einem der spektakulär restaurierten Hotel-Havelis abzusteigen. Eine Karte von Mandawa zeigt, dass es dort noch eine Reihe weiterer Havelis gibt, auch solche die zu einem Hotel umgebaut wurden.

Damit neigt sich der fünfte Teil des Indienreiseberichts dem Ende zu, genau wie die Reise nach der Abfahrt aus Mandawa ihr Ende am Flughafen Delhi gefunden hat. Die Lufthansa brachte uns mit dem A350-900, Registriernummer D-AIVA pünktlich und sicher nach München zurück. Ja, richtig gelesen, dies war das gleiche Flugzeug, dass uns auch schon nach Delhi hingeflogen hat

Tierisches aus Indien

Immer wenn es sich ergab, habe ich versucht die Tierwelt etwas festzuhalten. Hier sind meine Lieblings- Snapshots aus Indien

Rätselhaftes Indien

In Ranthambore Fort ist mir eine Frau, durch ihr für mich ungewöhnliches Verhalten, aufgefallen. Sie hat, kriechender Weise einen Stein, ohne diesen vom Boden zu heben, die Treppen hinauf zum Fort, bewegt. Oder nennen wir es auch befördert.

Jai, unser Reiseführer hat mir hinterher erläutert, dass die Frau den Gott Genesha um einen Gefallen oder um Hilfe gebeten hat. Dieser Wunsch wurde ihr anscheinend erfüllt. Als Dank oder Opfergabe, hat sie ihm augenscheinlich versprochen, einen (bestimmten) Stein zu bringen, und zwar mit Hilfe dieses besonderen Kriechgangs. Wobei der Stein die Berührung zum Boden nicht verlieren sollte. Der Tempel von Genesha, zu dem der Stein gebracht werden sollte, steht im Ranthambore Fort, siehe „Namasté India – Ranthambore National Park”. Die arme alte Frau ist also den ganzen Weg hinauf zum Genasha Tempel, in dem auf den Fotos zu sehenden, Kriechbewegungen unterwegs. Das muss echter Glaube sein, auch wenn ich von Religionen und Glauben, zugegebener Maßen, nicht viel verstehe. Ich muss auch anmerken, dass ich bislang im Internet keine weiteren Quellen zu diesem Ritual gefunden habe und daher an dieser Stelle bewusst oberflächlich bleiben muss.

This is the end …

Dies ist das Ende meines bislang aufwendigsten Reiseberichts. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht den Bericht zu schreiben, und zugegebener Maßen habe ich dabei noch einiges dazu gelernt und noch mehr Details gefunden.

Vieles ist beschrieben, aber einiges ist auch sicherlich ausgelassen worden. Wer jetzt Lust auf mehr von Indien bekommen hat, dem kann ich nur empfehlen selber dorthin zu fliegen und eigene Eindrücke zu sammeln.

Mir bleibt nur noch Eines zu schreiben: Die nächsten Trips und Berichte sind schon geplant.

On the road again …